Was macht eigentlich einen erfolgreichen Chief Digital Officer aus?

Kennen Sie das noch?

Sie trafen sich früher regelmäßig mit beruflichen Wegbegleitern und irgendwann landete man unvermeidlich beim beliebten Kollegen-Check-up.

Nun, hier habe ich gleich mal zwei Anachronismen in einem Satz: Sich mit Kollegen treffen und nicht zu wissen, was andere Kollegen so beruflich treiben.

Dank Corona haben solche Treffen Seltenheitswert und dank LinkedIn und Xing ist man jetzt vollinformiert. „Wißt Ihr, was der Jürgen* jetzt macht?“ „Ja – Ich habe gestern eine Profiländerung von ihm gesehen.“ Jürgen* ist nun Chief Digital Officer – ein CDO. Aha.

Aber was macht eigentlich ein CDO?

Ist er oder sie eine „CIO light Version“ oder gar das Schwergewicht unter den CxOs? Ist er/sie ein Programm Manager, ein PMO-Leiter für digitale Initiativen, ein Stichwortgeber für Innovationen auf Geschäftsleitungsebene, ein Leiter der Anwendungsentwicklung mit agilem Habitus oder etwa Teile davon – womöglich auch alles zusammen? Ein Wunderkind?

In Stellenanzeigen findet man all diese Ausprägungen unter der Überschrift „CDO gesucht“. Das macht mich nachdenklich. 

Es steht außer Frage, dass die Digitalisierung in Deutschland jetzt mal wirklich vorangetrieben werden muss.

Es besteht ein enormer Nachholbedarf, wie gerade Corona aufzeigte. 

Es sind noch viele Unternehmen konzeptionell nicht so weit, dass sie strukturiert voranschreiten könnten. Das liegt zum Teil daran, dass das Verständnis, was Digitalisierung eigentlich alles so mit sich bringen wird, nicht wirklich da ist.

Auch wird das Thema gerne „nur“ auf die technische Komponente heruntergedampft. „Buzz Words“ wie Robotic Process Automation, Predictive Analytics oder Internet of Things stehen plötzlich im Raum. 

Da liegt es nahe, dass der neue CDO eher aus der IT-Fachwelt kommen sollte, oder?

Digitalisierung ist aber mehr viel mehr als eine Technologiefrage.

Genau hier stellen Unternehmen mitunter die Weichen bereits falsch und legen zu viel Wert auf technisches Spezialistentum.

Erfolgreiche Digitalisierung steht auf mehreren Säulen:

– Belastbare Vision und Strategie
– Konstruktive Kultur & Führung
– Methodenwissen
– Kompetente Mitarbeiter und Partner
– und natürlich eine fortschrittliche Technologie.

Ein CDO sollte ein umfängliches Verständnis dieser Erfolgsfaktoren besitzen.

Er/sie sollte in der Lage sein, auf Entscheider-Ebene zu agieren, sich als Innovation und Change Manager zu verstehen, aber auch ein Visionär sein mit sehr guten Projektmanagementfähigkeiten.

Natürlich muss man ein sehr belastbares IT-Wissen vorweisen können. Aber noch wichtiger ist die Fähigkeit, neue Technologien schnell in sich aufnehmen und bewerten zu können. 

Darüber hinaus sollte man verstehen, dass die größte Hürde für digitale Veränderungen immer noch der Mensch selber ist.  Deshalb sind auch Empathie und die Fähigkeit, sich und andere zu begeistern von großer Bedeutung. Die Rollenbeschreibung ist also schon ziemlich anspruchsvoll. 

Und da wir alle wissen, wie manche Personalberater suchen, nämlich nur nach Buzz Words, kann da schon mal eine recht eindimensionale Persönlichkeit vorgeschlagen werden. Bleiben Sie hier umsichtig!

Doch Achtung – der Erfolg ist nicht damit garantiert, dass man endlich den richtigen Kandidaten oder die Kandidatin gefunden hat.

Besonders erfolgskritisch ist die richtige organisatorische Positionierung der Rolle im Unternehmen.

Sie muss mit eindeutigen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet sein und es muss Gestaltungsfreiräume geben.  Außerdem, was gerne vernachlässigt wird, sollte schon vor der Einstellung eines neuen CDO klar sein, wie das Zusammenarbeitsmodell mit betroffenen betrieblichen Einheiten aussieht.

Nebenkriegsschauplätze wie Reibereien mit der IT-Leitung oder dem Produkt Management halten doch nur auf. Es ist also eine klare Governance-Struktur von Nöten. Und natürlich bedarf es Metriken, damit der Erfolg der Digitalisierung im Unternehmen und damit der Erfolg des CDOs messbar werden kann. 

Geht ein Unternehmen auf diese Weise an das doch sehr anspruchsvolle Thema Digitalisierung heran, so hat es einen der ersten Bausteine für ein erfolgreiches „durchdigitalisiertes“ Unternehmen einzementiert und damit ein stabiles Fundament geschaffen.

Die nächsten Bausteine wird ein guter CDO mit Augenmaß selber setzen.

Ich denke, ich werde Jürgen* in Kürze einmal – so ganz “old school“ – anrufen und fragen, wie es ihm als frisch gebackenem CDO geht, an wen er nun berichtet, ob der erste Streit mit dem IT-Leiter schon beigelegt ist, oder ob man ihm gleich beide Rollen aufs Auge gedrückt hat… 

*frei erfundener Name